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Aggressives Verhalten von Patienten — Was nun?

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In Kran­ken­häu­sern nimmt, so ist der Pres­se zu ent­neh­men, die Gewalt­be­reit­schaft von Pati­en­ten zu. Immer häu­fi­ger sehen sich Mit­ar­bei­ter Bedro­hun­gen, Beschimp­fun­gen und gar Schlä­gen von Pati­en­ten aus­ge­setzt, zumeist in den Not­auf­nah­men. Die­ses sei dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass vie­le Pati­en­ten heu­te direkt die Not­fall­am­bu­lanz auf­su­chen, um dort schnel­ler umfas­sen­de Hil­fe zu erhal­ten, was zur Über­fül­lung der War­te­sä­le bei­tra­ge und Aus­lö­ser etwa­iger Exzes­se sei.

Es stellt sich mit­hin die Fra­ge, wie mit sol­chen Vor­komm­nis­sen umzu­ge­hen ist, ins­be­son­de­re wel­che Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven auch der Dienst­ge­ber hat, sei­ne Mit­ar­bei­ter zu unter­stüt­zen und zu schüt­zen. Nach­fol­gen­de Über­le­gun­gen bezie­hen sich nicht auf etwa­ige Ver­pflich­tun­gen des Arbeit­ge­bers, die sich aus § 3 Abs. 1 des ArbSchG erge­ben, wonach jeder Arbeit­ge­ber ver­pflich­tet ist, die Arbeit so zu gestal­ten, dass eine Gefähr­dung für Leben und Gesund­heit mög­lichst ver­mie­den und die ver­blei­ben­de Gefähr­dung mög­lichst gering gehal­ten wird.

Oben skiz­zier­te Sach­ver­hal­te kön­nen Anknüp­fungs­punkt für ein straf­recht­li­ches Vor­ge­hen einer­seits und eine zivil­recht­li­che Inan­spruch­nah­me ande­rer­seits sein.

Der Mit­ar­bei­ter, der Opfer von Gewalt wird, erlei­det eine Kör­per­ver­let­zung im Sin­ne des § 223 StGB, wel­che zur Anzei­ge gebracht wer­den kann. Als wei­te­re Straf­tat­be­stän­de kom­men der Haus­frie­dens­bruch gem. 123 StGB sowie die Belei­di­gung gem. § 185 StGB in Betracht. Je nach Gewicht der began­ge­nen Rechts­ver­let­zung soll­ten sol­che Vor­komm­nis­se tat­säch­lich zur Anzei­ge gebracht werden.

Eine zum Nach­teil der Mit­ar­bei­ter began­ge­ne Kör­per­ver­let­zung kann auch der Dienst­ge­ber selbst zur Anzei­ge brin­gen. Bei dem Haus­frie­dens­bruch und der Belei­di­gung han­delt es sich um soge­nann­te Antrags­de­lik­te, das bedeu­tet, dass die Delik­te erst bei Stel­lung eines ent­spre­chen­den Straf­an­tra­ges ver­folgt wer­den. Gem. § 77 Abs. 1 StGB kann der Ver­letz­te einen sol­chen Straf­an­trag stel­len. Für eine Belei­di­gung müss­te dem­zu­fol­ge der Mit­ar­bei­ter selbst aktiv wer­den und einen Straf­an­trag stel­len, bei dem Haus­frie­dens­bruch, wel­cher ange­nom­men wer­den kann, wenn Pati­en­ten zum „Pöbeln“ die Not­fall­am­bu­lanz auf­su­chen, ist der Dienst­ge­ber als Haus­rechts­in­ha­ber „Ver­letz­ter“ im Sin­ne die­ser Vor­schrift und antragsberechtigt.

Um ent­spre­chen­de Signa­le für die Mit­ar­bei­ter zu sen­den, soll­te der Dienst­ge­ber Vor­fäl­le die­ser Art auch zur Anzei­ge brin­gen und die erfor­der­li­chen Straf­an­trä­ge stellen.

Auch auf zivil­recht­li­cher Ebe­ne könn­te der Dienst­ge­ber tätig wer­den. Muss er als Bei­spiel Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall leis­ten, könn­te er sich im Hin­blick auf die geleis­te­ten Lohn­kos­ten bei dem Schä­di­ger schad­los hal­ten. Nach abschlie­ßen­der Klä­rung die­ses Rechts­ver­hält­nis­ses könn­te der Mit­ar­bei­ter sei­ner­seits Scha­den­er­satz­an­sprü­che gegen den Schä­di­ger gel­tend machen, wie z.B. ein Schmer­zens­geld nach erlit­te­ner Kör­per­ver­let­zung. Die Gel­tend­ma­chung der Ansprü­che in die­ser Rei­hen­fol­ge ist aus dem „pro­zes­sua­len“ Blick­win­kel vor­teil­haft, da im Rechts­ver­hält­nis zwi­schen dem Dienst­ge­ber und dem Schä­di­ger der geschä­dig­te Mit­ar­bei­ter als Zeu­ge fun­gie­ren kann, im eige­nen Ver­fah­ren gegen den Schä­di­ger jedoch nicht. Wird also im erst­ge­nann­ten Rechts­ver­hält­nis eine ver­bind­li­che Fest­stel­lung der Ver­ur­sa­chung getrof­fen, kann sich der Mit­ar­bei­ter in dem „Fol­ge­pro­zess“ dar­auf stüt­zen und gerät nicht in „Beweis­not“. Auf­grund der Zunah­me sol­cher Vor­komm­nis­se erscheint es rat­sam, einen „Fahr­plan“ gemein­sam zu ent­wi­ckeln, wie nach sol­chen Vor­fäl­len vor­ge­gan­gen wer­den muss. Gemein­sam an einem Strang zu zie­hen bedeu­tet, ein Signal zu set­zen, um zukünf­ti­ge Eska­la­tio­nen wenn nicht zu ver­mei­den, dann jedoch zu verringern.

 

Dr. Thors­ten Engel, LL.M.

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Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2017/35.

 

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