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Unterschied “Nichtwähler” und “ungültige Stimme”

Stimmenthaltung und ungültige Stimme = Nichtwahl

Eine Stimm­ent­hal­tung und die Abga­be einer ungül­ti­gen Stim­me haben bei­de den glei­chen Ein­fluss auf das Wahl­er­geb­nis – näm­lich kei­nen. Nur in einem Aus­nah­me­fall – der Abge­ord­ne­ten­haus­wahl in Ber­lin (bis 2004 auch bei der Land­tags­wahl im Saar­land) – gilt für die Berech­nung der Fünf-Pro­zent-Hür­de die Zahl der abge­ge­be­nen statt der gül­ti­gen Stim­men, so dass ungül­ti­ge Stim­men hier einen mar­gi­na­len Ein­fluss haben kön­nen. Im Übri­gen zäh­len sowohl für die Sitz­zu­tei­lung als auch für die Pro­zent­an­ga­ben im Wahl­er­geb­nis stets nur die gül­ti­gen Stimmen.

Einfluss auf Statistik

In der amt­li­chen Wahl­sta­tis­tik wer­den ungül­ti­ge Stim­men expli­zit auf­ge­führt – mehr aber auch nicht. Es wird nicht fest­ge­hal­ten, war­um die Stim­men ungül­tig sind: Ob dem Wäh­ler etwa die Stimm­ab­ga­be zu kom­pli­ziert war und er aus Unkennt­nis kei­ne gül­ti­ge Stim­me abge­ge­ben hat oder er sich bewusst ent­hal­ten bzw. gar Pro­test aus­drü­cken woll­te. Zur Begrün­dung der ungül­ti­gen Stimm­ab­ga­be oder der Wahl­ent­hal­tung gibt es auch kein Feld auf dem Stimm­zet­tel. Erklä­run­gen oder Sprü­che auf dem Stimm­zet­tel sehen nur die Wahl­hel­fer vor Ort.

Häu­fig wird die Wahl­be­tei­li­gung als Grad­mes­ser für die Zufrie­den­heit der Bür­ger mit dem poli­ti­schen Sys­tem ange­se­hen. Die Wahl­be­tei­li­gung setzt sich aber aus den gül­ti­gen und ungül­ti­gen Stim­men zusam­men. Wer nicht zu einer höhe­ren Wahl­be­tei­li­gung bei­tra­gen will, soll­te also zu Hau­se bleiben.

Keine Mindestwahlbeteiligung

Es gibt bei Wah­len in Deutsch­land kei­ne Min­dest­be­tei­li­gung, die erreicht wer­den muss, damit die Wahl gül­tig ist. Selbst wenn 99 Pro­zent der Wahl­be­rech­tig­ten zu Hau­se blei­ben, wird das Par­la­ment ent­spre­chend dem Stimm­ergeb­nis des übri­gen Pro­zents der Wahl­be­rech­tig­ten zusam­men­ge­setzt. (Sofern das poli­ti­sche Sys­tem nicht längst vor Errei­chen sol­cher Zustän­de in einer Revo­lu­ti­on umge­stürzt wird.) Im Par­la­ment sit­zen auch nicht weni­ger Abge­ord­ne­te, wenn weni­ger Men­schen zur Wahl gehen.

Wer nicht wählt, wählt die Großen

Auch wenn immer gesagt wird, wer nicht wäh­le, wäh­le extrem – von der Nicht­wahl pro­fi­tie­ren rech­ne­risch gese­hen alle Par­tei­en, die man nicht gewählt hät­te, und zwar pro­por­tio­nal zu ihrem Stim­men­an­teil. Wenn bei­spiels­wei­se ein SPD-Wäh­ler ein­mal nicht wählt, dann dürf­te davon am meis­ten die CDU pro­fi­tie­ren, und umge­kehrt. Am stärks­ten scha­det man natür­lich der Par­tei, die man gewählt hät­te, wäre man zur Wahl gegan­gen. Hin­sicht­lich der klei­nen Par­tei­en – und damit auch der extre­men – gibt es noch den Zusatz­ef­fekt, dass man durch Wahl­ent­hal­tung oder Ungül­tig­wäh­len die Fünf­pro­zent­hür­de ein Stück weit absin­ken lässt, so dass sie leich­ter zu über­sprin­gen ist. Die­ser Effekt ist aber ver­gleichs­wei­se gering.

Staatliche Parteienfinanzierung – 2013 erstmals Auswirkung durch Nichtwahl

Für jede Stim­me erhal­ten die Par­tei­en Geld aus der staat­li­chen Par­tei­en­fi­nan­zie­rung. Für eine Wäh­ler­stim­me gibt es maxi­mal 0,85 EUR pro Jahr der Legis­la­tur­pe­ri­ode. Aller­dings ist der Betrag der staat­li­chen Par­tei­en­fi­nan­zie­rung auf eine abso­lu­te Ober­gren­ze limi­tiert. Die­se Gren­ze wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren regel­mä­ßig deut­lich über­schrit­ten, wes­halb nicht abge­ge­be­ne oder ungül­ti­ge Stim­men in der Sum­me nichts änder­ten. Sie bewirk­ten nur, dass weni­ger stark gekürzt wer­den muss, womit mehr Geld für ande­re Wah­len und für Zuschüs­se zu Mit­glieds­bei­trä­gen und Spen­den übrig blieben.

Bei der im Febru­ar 2014 vor­ge­nom­me­nen Fest­set­zung der staat­li­chen Mit­tel für das Jahr 2013 lag die Gesamt­sum­me der sich für die Par­tei­en erge­ben­den Finan­zie­rungs­mit­tel mit 153,5 Mio. EUR erst­mals knapp unter­halb der Ober­gren­ze die­ses Jah­res (154,1 Mio EUR). Eine bei der letz­ten Landtags‑, Bun­des­tags- oder Euro­pa­wahl in den Jah­ren 2009–2013 nicht abge­ge­be­ne Stim­me hat also tat­säch­lich das Volu­men der staat­li­chen Par­tei­en­fi­nan­zie­rung im Jahr 2014 ver­rin­gert. Bei der im März 2015 vor­ge­nom­me­nen Fest­set­zung der staat­li­chen Mit­tel für das Jahr 2014 hat sich die­se neue Ent­wick­lung vor­erst nicht fort­setzt. Die Ansprü­che der Par­tei­en lagen nun mit 163,5 Mio EUR wie­der deut­lich über der abso­lu­ten Ober­gren­ze (156,7 Mio EUR).

Eine Stimm­ab­ga­be an eine Kleinst­par­tei, deren Erstat­tungs­be­trag wegen zu gerin­ger eige­ner Ein­nah­men gede­ckelt ist, redu­ziert die Gesamt­sum­me seit einer Geset­zes­än­de­rung im Jahr 2011 nicht mehr. Die ande­ren Par­tei­en erhal­ten dann von der Gesamt­sum­me ent­spre­chend mehr.

Quel­le: Wahl­recht-Lexi­kon

 

Dr. Thors­ten Engel, LL.M.

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