Zum Inhalt springen

Delegationsverantwortung

Was ver­birgt sich hin­ter die­sem Begriff?

Dele­ga­ti­on als Orga­ni­sa­ti­ons­kon­zept bedeu­tet die Über­tra­gung von Zustän­dig­kei­ten und damit Hand­lungs­kom­pe­ten­zen von einer Instanz an ande­re Abtei­lun­gen oder Stel­len. Sie ist ein spe­zi­fi­sches Mit­tel der Arbeits­tei­lung. In die­sem Zusam­men­hang liegt die so genann­te „Dele­ga­ti­ons­ver­ant­wor­tung“ bei der­je­ni­gen Per­son, die die Maß­nah­me an einen Mit­ar­bei­ter zur Durch­füh­rung über­trägt. Die­se Per­son über­nimmt mit der Dele­ga­ti­on auch die Ver­ant­wor­tung dafür, dass der Mit­ar­bei­ter, der die Maß­nah­me durch­führt, durch sei­ne fach­li­che und per­sön­li­che Eig­nung in der Lage ist, die­se nach den neu­es­ten Erkennt­nis­sen durchzuführen.

Falls es zu Pro­ble­men bei der Durch­füh­rung der dele­gier­ten Maß­nah­men kommt, haf­tet die Per­son, die die Dele­ga­ti­on aus­ge­spro­chen hat, auf­grund einer delikt­i­schen Haftung.

Hier­von zu unter­schei­den ist die so genann­te „Über­nah­me­ver­ant­wor­tung“ bzw. „Durch­füh­rungs­ver­ant­wor­tung“.

Eine Über­nah­me­ver­ant­wor­tung liegt vor, wenn eine aus­ge­bil­de­te Kraft die Über­nah­me einer Ver­rich­tung über­nimmt, die ihr zuvor dele­giert wur­de. Hier­bei ist der Mit­ar­bei­ter im Sin­ne sei­ner Durch­füh­rungs­ver­ant­wor­tung für die sach­ge­rech­te und tech­nisch kor­rek­te Durch­füh­rung der Maß­nah­me ver­ant­wort­lich und auch haftbar.

Vor dem Hin­ter­grund die­ser Haf­tung stellt sich die Fra­ge, ob für einen Dele­ga­ti­ons­emp­fän­ger eine Ver­wei­ge­rungs­pflicht bzw. ein Ver­wei­ge­rungs­recht besteht.

Eine sol­che Ver­wei­ge­rungs­pflicht wird ange­nom­men, wenn der Mit­ar­bei­ter sich nicht aus­rei­chend qua­li­fi­ziert fühlt, sich durch Man­gel an Erfah­rung nicht in der Lage sieht, die auf ihn dele­gier­ten Tätig­kei­ten aus­zu­füh­ren. Dar­über hin­aus spie­len in die­sem Zusam­men­hang die so genann­ten „Über­las­tungs­an­zei­gen“ eine Rol­le. Eine Über­las­tungs­an­zei­ge ist die Mel­dung des Mit­ar­bei­ters an den Arbeit­ge­ber, dass die erwar­te­te ord­nungs­ge­mä­ße Erfül­lung von Auf­ga­ben aus sach­li­chem Grund nicht mehr gewähr­leis­tet ist.

Der sach­li­che Grund dürf­te über­wie­gend in einer unzu­rei­chen­den Per­so­nal­be­set­zung zu sehen sein. In die­sen Fäl­len ist eine Über­las­tung nicht die Mel­dung einer indi­vi­du­el­len Über­las­tung, son­dern eine kol­lek­ti­ve Maßnahme.

Von die­ser kol­lek­ti­ven Maß­nah­me wird jedoch nur sel­ten Gebrauch gemacht, da das Wort „Über­las­tungs­an­zei­ge“ nega­tiv besetzt ist und zwar der­ge­stalt, dass Arbeit­neh­mer damit gedank­lich das Ein­ge­ständ­nis ver­bin­den, nicht leis­tungs­fä­hig genug zu sein. Auch trifft die­se gewähl­te Bezeich­nung im Kern nicht die Bedeu­tung die­ser Maß­nah­me. Sie soll eine Gefahr geneig­te Situa­ti­on anzei­gen, einen Hin­weis auf Orga­ni­sa­ti­ons­feh­ler geben und der Prä­ven­ti­on eines Scha­dens dienen.

In der Lite­ra­tur fin­den sich daher Alter­na­ti­ven: Gefah­ren­an­zei­ge, Gefähr­dungs­an­zei­ge, Ent­las­tungs­an­zei­ge oder Präventionsanzeige.

Eine Anzei­ge durch einen Mit­ar­bei­ter ist der ein­zi­ge Weg, sich im Fal­le eines Scha­dens einer ansons­ten mög­li­chen Haf­tung zu ent­zie­hen. Der Arbeit­ge­ber wird in der Pra­xis regel­mä­ßig kein Inter­es­se an der Zustel­lung einer sol­chen Anzei­ge haben, denn durch sie wird er in die Ver­ant­wor­tung genom­men und er wird gezwun­gen, über mehr Per­so­nal nach­zu­den­ken oder zumin­dest auf wei­te­ren Per­so­nal­ab­bau zu verzichten.

Eine Über­las­tungs­an­zei­ge berech­tigt zu kei­nem Zeit­punkt zu pflicht­wid­ri­gem Han­deln. Sie ent­bin­det den Mit­ar­bei­ter nicht von sei­ner Pflicht zur sorg­fäl­ti­gen Arbeits­leis­tung. Auch unter uner­träg­lich erschei­nen­den Arbeits­be­din­gun­gen müs­sen Mit­ar­bei­ter alles in ihrer Macht ste­hen­de tun, um eine Schä­di­gung des Pati­en­ten zu ver­hin­dern. Gleich­zei­tig besteht aber die Pflicht, die Gefähr­lich­keit der Situa­ti­on zu mel­den und zur Abstel­lung aufzufordern.

Aus Beweis­zwe­cken soll­te eine ent­spre­chen­de Anzei­ge stets schrift­lich erfol­gen. Zusätz­lich soll­te eine Unter­rich­tung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung erfol­gen, um damit den Druck von den „Anzei­ge­er­stat­tern“ zu neh­men. Inhalt­lich muss die Anzei­ge mög­lichst kon­kret die Situa­ti­on am Arbeits­platz schil­dern. Wei­ter­hin soll­te kurz dar­ge­stellt wer­den, was die ver­ant­wort­li­chen Pfle­ge­kräf­te, die Sta­ti­ons­lei­tung bzw. die Ärz­te bereits unter­nom­men haben, die Situa­ti­on zu ver­bes­sern. Die nicht mehr ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führ­ten Tätig­kei­ten und mög­li­che Risi­ken bzw. Schä­den für die Pati­en­ten soll­ten auf­ge­zeigt wer­den. Schließ­lich soll­te der Arbeit­ge­ber zur Stel­lung­nah­me auf­ge­for­dert wer­den, wel­che Tätig­kei­ten denn sei­ner Mei­nung nach unter­blei­ben sollen.

Bei Beach­tung die­ser Grund­sät­ze ist davon aus­zu­ge­hen, dass eine Haf­tung des­je­ni­gen, auf den Auf­ga­ben dele­giert wer­den, wei­test­ge­hend aus­ge­schlos­sen wer­den kann.

Dr. Thors­ten Engel, LL.M.

Rechts­an­walt | Partner

Fach­an­walt für Arbeitsrecht
Fach­an­walt für Steuerrecht

www.korte-partner.de

Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen im Mai 2013.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.