Das Bundeskabinett hat am 05.04.2017 die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhausbereichen, in denen dies aus Gründen der Patientensicherheit besonders notwendig ist, auf den Weg gebracht.
Die Bundesverbände der Krankenhäuser und Krankenkassen sollen danach verpflichtet werden, Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhausbereichen festzulegen.
Im Einzelnen ist Folgendes vorgesehen:
Zunächst werden die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) beauftragt, im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung Pflegepersonaluntergrenzen in zuvor von ihnen festgelegten Bereichen im Krankenhaus bis zum 30.06.2018 verbindlich zu vereinbaren.
Sollten die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband bis dahin keine Vereinbarung treffen, setzt das Bundesministerium für Gesundheit die Pflgepersonaluntergrenze der Rechtsverordnung mit Wirkung zum 01.01.2019 fest.
Das Bundesgesundheitsministerium begleitet die Festlegung der Personaluntergrenzen in einem engfachlichen Austausch. Dazu gehört, dass die Selbstverwaltungspartner unverzüglich einen konkreten Zeitplan vorlegen müssen. Zudem wird das Bundesgesundheitsministerium an den Sitzungen der beiden Vertragsparteien teilnehmen. Die Selbstverwaltungspartner sind verpflichtet, dem Bundesgesundheitsministerium regelmäßig Unterlagen zum Bearbeitungsstand vorzulegen sowie fortwährend über die Arbeitsschritte zu informieren.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege soll von dem Bundesgesundheitsministerium in dem fachlichen Austausch mit beiden Vertragsparteien einbezogen werden. Weitere maßgebliche Verbände wie der Deutsche Pflegerat, die für Personalfragen in Krankenhäusern maßgeblichen Gewerkschaften und die Arbeitsgemeinschaft der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften e.V. werden ebenfalls eingebunden.
Um jedoch Personalverlagerungen zu vermeiden, müssen Krankenhäuser zudem die für die Krankenhausplanung zuständigen Behörden künftig über die Einhaltung der Personaluntergrenzen informieren und dies auch in den Qualitätsberichten veröffentlichen. Es werden verbindliche Vergütungsabschläge eingeführt, wenn die Personaluntergrenzen nicht eingehalten werden sowie weitere Maßnahmen für den Fall, dass die Personaluntergrenzen durch einzelne Krankenhäuser nicht erfüllt werden. Zudem werden notwendige Ausnahmevorschriften und Übergangsregelungen vorgesehen.
Die Wirkung der Pflegepersonaluntergrenzen ist bis zum 31.12.2022 wissenschaftlich zu evaluieren. Der Evaluationsbericht ist dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages über das Bundesgesundheitsministerium vorzulegen.
Um dauerhaft mehr Personal beschäftigen zu können, werden die Krankenhäuser schon seit diesem Jahr durch einen Pflegezuschlag unterstützt. Ab 2019 soll diese um die Mittel des Pflegestellenförderprogramms ergänzt werden. Krankenhäuser profitieren in Abhängigkeit von ihrer Pflegepersonalausstattung von dem erhöhten Zuschlag und erhalten dadurch einen Anreiz, ausreichend Personal vorzuhalten. Für einen Übergangszeitraum von drei Jahren wird bis einschließlich 2021 an der Nachweispflicht beim Pflegestellen-Förderprogramm festgehalten, damit die bisher geförderten Stellenzahlen beibehalten werden. Für die aus den Pflegepersonaluntergrenzen folgende Mehrkosten, die nicht bereits anderweitig finanziert sind, können Krankenhaus individuelle Zuschläge vereinbart werden.
Mit diesen Regelungen wurden die Schlussfolgerungen aus der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ vom 07.03.2017 umgesetzt, die vom Bundesgesundheitsministerium gemeinsam mit den Vertreterinnen und den Vertretern der Koalitionsfraktionen und der Bundesländer vorgelegt wurden.
Die Resultate bleiben nunmehr abzuwarten.
Diese sind umso wichtiger, als dass die Ermittlung des Personalbedarfs im Bereich des Pflegedienstes nicht selten Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen der Krankenhausleitung und dem Krankenpflegepersonal bzw. der Personalvertretung ist.
Grundsätzlich hat die Entscheidung darüber, wie viel Personal in einem bestimmten Arbeitsbereich eingesetzt werden muss, zwei Faktoren zu berücksichtigen:
Zum einen muss bewertet werden, was mit den Patienten und für den ordnungsgemäßen Betriebsablauf einer Station insgesamt getan werden muss, zum anderen welche tarifvertraglichen, gesetzlichen und sonstigen Regelungen bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsschutz und Arbeitszeit beachtet werden müssen.
Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung muss aber immer der reale Betriebsablauf sein; eine Berechnung an Hand von Anhaltswerten, Anhaltszahlen, Belegungszahlen etc., die diesen Anknüpfungspunkt außer Acht lassen, liefern zwar auf dem Papier Ergebnisse, die jedoch realitätsfremd und daher nicht umsetzbar sein dürften.
Aufgrund der beteiligten Stellen besteht jedoch begründete Hoffnung, dass der reale Betriebsablauf bei der Bemessung von Pflegepersonaluntergrenzen Beachtung finden und Maßstab nicht allein die Wirtschaftlichkeit sein wird.
Dr. Thorsten Engel, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2017/33.