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Hat ein „freier Tag“ immer die gleiche rechtliche Qualität?

Die Fest­le­gung der Lage der ver­trag­lich geschul­de­ten Arbeits­zeit unter­fällt dem soge­nann­ten Direk­ti­ons­recht des Dienst­ge­bers. Durch die Auf­stel­lung eines Dienst­pla­nes wird das Direk­ti­ons­recht aus­ge­übt und die geschul­de­te Arbeits­leis­tung fest­ge­legt. Nur wäh­rend der fest­ge­leg­ten Arbeits­zeit kann der Dienst­ge­ber sein Direk­ti­ons­recht ausüben.

Außer­halb die­ser dienst­plan­mä­ßi­gen Arbeits­zei­ten sind Anwei­sun­gen des Dienst­ge­bers, Arbeits­leis­tung zu erbrin­gen, unzulässig.

Durch die Gewäh­rung von Urlaub oder Arbeits­be­frei­ung als Aus­gleich der Über­stun­den hat der Dienst­ge­ber sein Direk­ti­ons­recht aus­ge­übt, wobei der Zeit­punkt der Arbeits­be­frei­un­gen im pflicht­ge­mä­ßen  Ermes­sen des Dienst­ge­bers liegt.

In bei­den Fäl­len ver­zich­tet der Dienst­ge­ber durch die ent­spre­chen­den Frei­stel­lun­gen auf sein ver­trag­li­ches Recht auf Leis­tun­gen der geschul­de­ten Arbeit.

Die recht­li­che Qua­li­tät der bei­den Frei­stel­lun­gen ist iden­tisch. Den­noch ist klar­zu­stel­len, aus wel­chem Rechts­grund, Gewäh­rung von Urlaub oder Arbeits­be­frei­ung als Aus­gleich der Über­stun­den, die Frei­stel­lung erfolgt, da damit unter­schied­li­che „Kon­ten“ ange­spro­chen wer­den: ent­we­der das Urlaubs­ta­ge­kon­to oder das Stunden-Guthabenkonto.

Hier­von zu unter­schei­den ist hin­ge­gen ein frei­er Tag, der sich ein­zig aus der Lage der ein­ge­teil­ten Diens­te ergibt. Zwar hat der Dienst­ge­ber nach vor­ge­nann­ten Maß­stä­ben auch inso­weit sein Direk­ti­ons­recht bereits aus­ge­übt, jedoch ist der Dienst­ge­ber berech­tigt, bei Vor­lie­gen bestimm­ter Vor­aus­set­zun­gen den Dienst­plan zu ändern und mit­hin die Lage der Arbeits­zeit neu festzusetzen.

Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen vor und wird die ange­mes­se­ne Ankün­di­gungs­frist gewahrt, kann der Dienst­ge­ber mit­hin einen dienst­frei­en Tag abän­dern, wohin­ge­gen er die­se Mög­lich­keit bei der Frei­stel­lung zur Gewäh­rung von Urlaub und zum Aus­gleich der Über­stun­den nicht hat.

In die­sem Zusam­men­hang wird dar­über hin­aus die grund­sätz­li­che Fra­ge dis­ku­tiert, ob eine Ver­rech­nung von Minus­stun­den mit einem Stun­den­gut­ha­ben erfol­gen darf. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes darf ein Arbeit­ge­ber das auf einem Arbeits­zeit­kon­to aus­ge­wie­se­ne Zeit­gut­ha­ben des Arbeit­neh­mers nur mit Minus­stun­den ver­rech­nen, wenn ihm die der Füh­rung des Arbeits­zeit­kon­tos zugrun­de­lie­gen­de Ver­ein­ba­rung (Arbeits­ver­trag, Betriebs­ver­ein­ba­rung, Tarif­ver­trag) die Mög­lich­keit dazu eröff­net (BAG, Urteil vom 21.03.2012, 5 AZR 676/11).

Eine ent­spre­chen­de Rege­lung fin­det sich in den hier bekann­ten Arbeits­ver­trä­gen nicht – eine indi­vi­du­el­le Prü­fung ist daher im Ein­zel­fall erfor­der­lich. Die gel­ten­den AVR sehen kei­ne Arbeits­zeit­kon­ten vor, eröff­nen jedoch die Mög­lich­keit der Ein­rich­tung sol­cher Kon­ten. Vor­ga­ben hier­zu fin­den sich etwa in § 9 der Anla­gen 31 bis 33 AVR. Ansatz­wei­se beschäf­tigt sich die Dienst­ver­ein­ba­rung „Mehr­ar­beit, Über-/Mi­nus­stun­den und Bonus­stun­de“ vom 06.12.2012 mit dem ent­spre­chen­den Umgang von Gut- und Minusstunden.

Fin­det eine Ver­rech­nung von Minus- mit Gut­stun­den in unzu­läs­si­ger Wei­se statt, hat der Mit­ar­bei­ter einen Anspruch dar­auf, dass die ver­rech­ne­ten Gut­stun­den wie­der sei­nem Stun­den-Gut­ha­ben­kon­to gut­ge­schrie­ben wer­den. Hin­ter­grund die­ses Anspruchs ist der Umstand, dass grund­sätz­lich der Dienst­ge­ber das soge­nann­te Beschäf­ti­gungs­ri­si­ko trägt; d.h., er ist ver­pflich­tet, den Mit­ar­bei­ter ent­spre­chend sei­ner ver­trag­lich geschul­de­ten Arbeits­zeit auch tat­säch­lich ein­zu­set­zen. Unter­bleibt die Ein­tei­lung, kann die­ses Fak­tum dem Mit­ar­bei­ter nicht zum Nach­teil gereichen.

Dr. Thors­ten Engel, LL.M.

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Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2017/32.

 

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