Zunächst soll eine Definition der verschiedenen Renten erfolgen:
Erwerbsunfähigkeitsrente:
Für alle Personen, die bis zum 31.12.2000 einen gesetzlichen Anspruch auf die Erwerbsunfähigkeitsrente hatten, bleibt dieser Anspruch bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters bestehen. Das betrifft gesetzlich rentenversicherte Personen der Jahrgänge bis 1961 oder älter gem. § § 302 SGB VI.
Berufsunfähigkeitsrente:
Gleiches gilt für die so genannte Berufsunfähigkeitsrente.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit:
Nach der Gesetzesänderung im Jahr 2001 ist die Unterscheidung in der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen Erwerbsminderungs‑, Erwerbsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsrente aufgehoben worden. Es wird nunmehr zwischen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, § 43 Abs. 1 SGB VI, und der Rente wegen voller Erwerbsminderung, § 43 Abs. 2 SGB VI, unterschieden.
Für beide Renten ist Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben; diese beträgt gem. § 50 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VI fünf Jahre.
a) Teilweise Erwerbsminderung:
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
b) Volle Erwerbsminderung:
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Antragstellung erfolgt bei der Rentenversicherung. Dieses geschieht u.U. mit Hilfe der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes.
Jeder Antragstellung erfolgt eine Bescheiderteilung. Sollte der Antrag abgelehnt werden, enthält der entsprechende Ablehnungsbescheid eine Begründung; entweder liegen medizinische Gründe vor, die vermeintlich die Ablehnung rechtfertigen oder die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Nach Zugang des Ablehnungsbescheides besteht Handlungsbedarf. Innerhalb eines Monats kann der Antragsteller gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch einlegen. Zweckmäßigerweise sollte der Widerspruch begründet werden. Es sollte vorgetragen werden, warum aus Sicht des Widerspruchsführers die Voraussetzungen für die Bewilligung vorliegen.
Auch über den Widerspruch wird durch Bescheid entschieden. Entweder ergeht ein so genannter Abhilfebescheid, d.h., die ursprünglich beantragte Rente wird ab Antragstellung bewilligt. Im Falle der erneuten Ablehnung ergeht ein Widerspruchsbescheid. Auch hier besteht sodann Handlungsbedarf.
Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid kann binnen Monatsfrist Klage bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden.
Die Klageerhebung erfolgt in der Regel zunächst ohne Klagebegründung, jedoch verbunden mit einem Akteneinsichtsgesuch. Der Rentenversicherungsträger ist verpflichtet, der klagenden Partei seine Leistungsakten vollständig zur Verfügung zu stellen.
Nach Einsichtnahme in die Leistungsakten erfolgt dann, ggf. mit Hilfe der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes, die Klagebegründung.
In der Regel kann damit gerechnet werden, dass innerhalb des Gerichtsverfahrens ein Gutachter mit der Bewertung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten beauftragt wird.
Wird die eigene Auffassung in diesem Gutachten nicht bestätigt, besteht die Möglichkeit, ein weiteres Gutachten einholen zu lassen, § 109 SGG. Hier darf der Versicherte selbst einen Gutachter benennen. Kommt dieser Gutachter zu einem anderen Ergebnis als der gerichtlich bestellte Gutachter, besteht die Möglichkeit, dass sich ein weiterer Gutachter mit beiden gutachtlichen Feststellungen auseinandersetzen muss. Dem entsprechenden Ergebnis wird in der Regel das Gericht folgen.
Leider ist mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen, so dass bereits im Stadium des Widerspruchsverfahrens der Widerspruch sorgfältig begründet werden sollte.
Dr. Thorsten Engel, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2015/25.