Gem. § 9 a der AVR bestimmt sich die Arbeitszeit aller Mitarbeiter nach den Arbeitszeitregelungen der Anlagen 5 und 30–33 zu den AVR. Die Teilzeitbeschäftigung ist sodann in § 1 a der Anlage 5 für Ärztinnen und Ärzte in § 9 der Anlage 30, in § 10 der Anlage 31 für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegedienst in Krankenhäusern, ebenfalls in § 10 der Anlage 32 für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegedienst in sonstigen Einrichtungen sowie in § 10 der Anlage 33 für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst geregelt.
Die Voraussetzungen, wann ein Anspruch auf Teilzeit besteht, ist in § 1 a Abs. 1 Satz 1 normiert. Eine grundsätzlich mögliche Reduzierung der Arbeitszeit ist in § 1 a Abs. 1 Satz 4 geregelt.
Ergänzt wird diese Regelung ihrerseits um die Regelungen in der Anlage 6.
Der dortige § 1 regelt die Anordnung von Überstunden.
Zunächst wird in dem dortigen Satz 1 der Begriff der Überstunden definiert. Danach sind die auf Anordnung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten bzw. des unmittelbaren Vorgesetzten geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, Überstunden.
Satz 2 besagt, dass sie nur angeordnet werden dürfen, wenn ein dringendes dienstliches Bedürfnis besteht.
Nach Satz 3 sollen die Mitarbeiter möglichst gleichmäßig zu Überstunden herangezogen werden.
In den Anmerkungen zu Anlage 6 werden die Begriffe Mehrarbeitsstunden und Überstunden nochmals näher definiert. Mehrarbeitsstunden sind danach die auf Anordnung über die dienstvertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden. Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Mehrarbeitsstunden, die über den Rahmen der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgelegten Arbeitsstunden hinausgehen.
Weicht die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit und die faktisch geleistete voneinander ab, so kann aus einer Teilzeitkraft, die auf Wunsch des Dienstgebers regelmäßig länger arbeitet, automatisch eine Vollzeitkraft werden.
In dem regelmäßigen Abruf von einer längeren Arbeitszeit kann stillschweigend eine Änderung des Arbeitsvertrages erfolgt sein mit der Folge, dass auch zukünftig die Teilzeitkraft einen Anspruch auf entsprechende Beschäftigung (und Bezahlung) hat.
Umgekehrt stellt sich jedoch die Frage, in welchem Umfang Mehrarbeit/Überstunden für eine Teilzeitkraft zumutbar ist, wenn eine Ausweitung der Arbeitszeit gerade nicht gewollt ist. Starre Grenzen für die Heranziehung zu Überstunden sehen die AVR nicht vor. Bei der Anordnung von Überstunden hat der Dienstgeber die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nach Arbeitszeitgesetz zu beachten. Die werktägliche Arbeitszeit darf höchstens 10 Stunden betragen, wenn sie in einem Zeitraum von 6 Kalendermonaten oder von 24 Wochen die durchschnittlich 8 Stunden nicht überschreitet, § 3 Abs. 1 ArbZG.
Diese Regelung hilft bei Teilzeitbeschäftigten jedoch nur bedingt weiter.
Bei einem Teilzeitbeschäftigten darf Mehrarbeit grundsätzlich nicht angeordnet werden. Aufgrund der Treuepflicht kann sich aber ausnahmsweise in besonderen Notsituationen eine Verpflichtung ergeben, über das vereinbarte Maß hinaus zu arbeiten. Der Teilzeitbeschäftigte hat durch die Vereinbarung von Teilzeit regelmäßig zu erkennen gegeben, dass er gegenüber dem Dienstgeber nur im eingeschränkten Maße zur Arbeitsleistung bereit ist. Auch kann der Dienstgeber eine Anordnung von Mehrarbeit nicht auf § 1 der Anlage 6 stützen; diese Bestimmung enthält kein Recht auf Anordnung von Arbeitsstunden, die zwischen der individuell vereinbarten Arbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten und der Arbeitszeit des Vollzeitmitarbeiters liegen. Die Anlage 1, dort Abschnitt II a „Dienstbezüge teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter“, enthält lediglich eine Vergütungsregelung für den Fall, dass der Teilzeitbeschäftigte Mehrarbeit leistet, jedoch nicht eine Erweiterung des Direktionsrechts auf Anordnung von Mehrarbeit.
Einzelvertraglich und für den Fall eines dringenden betrieblichen Erfordernisses kann jedoch zwischen Dienstgeber und Mitarbeiter die Möglichkeit von Mehrarbeit vereinbart werden. Deren Anordnung ist dann zulässig, wenn sie für den teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter zumutbar ist.
Im Einzelfall ist dann zu prüfen, ob eine derartige Vereinbarung vertretbar ist. Bei Frauen, deren Teilzeitarbeit auf die Zeit abgestimmt ist, in der sich das Kind bzw. die Kinder im Kindergarten oder in der Schule aufhalten, sollte davon schon deshalb abgesehen werden, weil es ihnen im Ernstfall nicht zumutbar ist, Dienste zu leisten, wenn sie dadurch ihrer Sorge- und Aufsichtspflicht gegenüber ihren Kindern nicht nachkommen können.
Im Übrigen unterliegt die Anordnung von Überstunden dem Weisungsrecht des Dienstgebers gem. § 106 GewO. Dabei hat der Dienstgeber billiges Ermessen im Sinne des § 315 BGB zu beachten, in dem er die wesentlichen Umstände des jeweiligen Falles abwägt und sowohl seine Interessen als auch die des Mitarbeiters angemessen berücksichtigt.
Dr. Thorsten Engel, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen Februar 2016.