Der Sommer steht vor der Tür – höchste Zeit für die Urlaubsplanung!
Wenn ein Arbeitnehmer aber erst jetzt seinen Urlaub beantragt, wird dieser möglicherweise nicht mehr genehmigt: Der gewünschte Zeitraum könnte schon an andere Mitarbeiter vergeben sein.
Anlass genug, sich mit der Urlaubsplanung im Arbeitsrecht zu beschäftigen. Vorrangiger Anknüpfungspunkt ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Ergänzt und konkretisiert werden die Regelungen in dem individuellen Arbeits- und kollektivrechtlichen Tarifvertrag.
§ 13 der Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) verweist für den Erholungsurlaub auf die Anlage 14 zu den AVR.
Das BUrlG enthält keine Regelung darüber, auf welche Weise der Mitarbeiter seinen Urlaubsanspruch geltend machen kann. Dem gegenüber setzt der Dienstgeber nach § 1 Abs. 3 der Anlage 14 den Urlaub auf Antrag des Mitarbeiters zeitlich fest. Auf Antrag bedeutet, dass der Dienstgeber die zur Urlaubsgewährung nötige Freistellungserklärung nicht abgeben soll, ohne dass der Mitarbeiter vorab einen Urlaubswunsch geäußert hat. Mit dieser Regelung ist gleichzeitig ausgesagt, dass der Dienstgeber kein Recht hat, den Urlaub beliebig im Urlaubsjahr zu verteilen. In aller Regel gibt der Urlaubsantrag die Zeitspanne an, während der der Urlaubsanspruch erfüllt werden soll. Hierzu bestimmt § 1 Abs. 3 der Anlage 14 in Übereinstimmung mit § 7 Abs. 1 BUrlG, dass der Dienstgeber grundsätzlich verpflichtet ist, den Urlaubswunsch des Mitarbeiters zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass er den Urlaub zu dem Zeitpunkt festsetzen muss, den der Mitarbeiter angegeben hat. Der Dienstgeber kann den Urlaub nur verweigern, wenn dringende dienstliche Belange entgegenstehen. Hierunter dürfen nicht diejenigen Störungen verstanden werden, die regelmäßig im Arbeitsablauf eintreten, wenn ein Mitarbeiter fehlt. Solche Störungen müssen vom Dienstgeber hingenommen und ggf. durch Personalausgleich kompensiert werden. Insoweit ist der Dienstgeber gehalten, seine Einrichtung personell so auszustatten, dass er dem Urlaubswunsch des Mitarbeiters weitestgehend entsprechen kann. Daher kann er dem Mitarbeiter keine Gründe entgegenhalten, die auf mangelnder Personalplanung beruhen.
Personalmangel steht dem Urlaubswunsch eines Mitarbeiters nur dann entgegen, wenn er auf außergewöhnlichen, nicht mehr planbaren Umständen beruht.
Gehen bei dem Dienstgeber zwei oder mehrere Urlaubsanträge gleichzeitig ein, genügt dies nicht für eine Ablehnung einer der Anträge. Wenn der Dienstgeber aber bei zwei oder mehr Urlaubsanträgen aus betrieblichen Gründen einen Urlaubswunsch zurückweisen muss, hat er abzuwägen, welcher Antrag unter sozialen Gesichtspunkten den Vorzug verdient. Dabei können die Urlaubsmöglichkeiten des Partners oder der Kinder (Schulferien), das Alter und die Anzahl der Kinder, die bisherige Urlaubsgewährung, das eigene Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, erstmaliger und wiederholter Urlaub im Kalenderjahr und die Erholungsbedürftigkeit (etwa nach einer Erkrankung) eine Rolle spielen.
Eindeutige Fristen, bis wann ein Arbeitgeber über einen Urlaubsantrag eines Mitarbeiters entschieden haben muss, sieht das BUrlG nicht vor. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte kann ein Arbeitnehmer jedoch von der Bewilligung seines beantragten Urlaubes ausgehen, sofern der Arbeitgeber nicht binnen einer angemessenen Zeitspanne widerspricht. Als angemessen wird hier ein Zeitraum von einem Monat angesehen.
Wenn sich ein Arbeitgeber jedoch nicht an diese Regeln hält, dürfen Arbeitnehmer sich jedoch keineswegs selbst beurlauben. Eine Selbstbeurlaubung gibt einem Arbeitgeber im Regelfall das Recht zu einer Abmahnung, wenn nicht sogar zu einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Der Urlaubsanspruch entsteht zu Beginn des Kalenderjahres in vollem Umfang. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 der Anlage 14 ist der Urlaub spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Das bedeutet, dass der erste arbeitsfreie Tag der 31. Dezember sein muss. Es ist nicht erforderlich, dass dieser Tag zugleich der erste Urlaubstag ist. Hier weichen die AVR von § 7 BUrlG ab. Dort ist vorgesehen, der Urlaub müsse bis zum Ende des Kalenderjahres gewährt und genommen, also erfüllt sein.
Nicht genommener Urlaub verfällt am 31. Dezember, sofern keine Urlaubsübertragung ins Folgejahr stattfindet. Die Verfallfrist verlängert sich bis zum 30. April des Folgejahres, wenn hierfür dringende dienstliche Gründe, oder Gründe, die in der Person des Mitarbeiters liegen, gegeben sind. Während des Übertragungszeitraums hat der Dienstgeber kein Recht mehr, den Urlaub aus betrieblichen Gründen abzulehnen, er muss die Wünsche des Mitarbeiters berücksichtigen. Diese sind insoweit verbindlich. Ob dringende dienstliche Übertragungsgründe vorliegen, ist eine Frage der Abwägung, ob das Interesse des Mitarbeiters, den Urlaub im Kalenderjahr zu erhalten, geringer einzuschätzen ist als das Interesse des Dienstgebers, den Urlaub im Übertragungszeitraum zu gewähren.
Wird der Mitarbeiter infolge einer Erkrankung während des Urlaubs arbeitsunfähig, werden ihm die Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet, er bekommt diese Tage gutgeschrieben. Hier stimmen § 1 Abs. 7 der Anlage 14 und § 9 BUrlG überein. Die Gutschrift rechtfertigt sich daraus, dass an Tagen der Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitspflicht besteht, von der der Mitarbeiter befreit werden kann. Außerdem kann an solchen Tagen der Erholungszweck nicht verwirklicht werden.
Was passiert, wenn krankheitsbedingt der Urlaub nicht genommen werden kann? Insoweit hat sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geändert aufgrund ergangener Urteile des EuGH. Es hat entschieden, dass § 7 Abs. 3 BUrlG „richtlinienkonform fortzubilden“ ist in dem Sinne, dass die Verfallfrist in dieser Norm oder in einer anderen Übertragungsregelung – wie auch in § 1 Abs. 5 der Anlage 14 entfällt; der erkrankte Arbeitnehmer kann also Urlaubsansprüche zeitlich uneingeschränkt übertragen.
Diese uneingeschränkte Übertragung gilt allerdings nur für den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen nach § 3 BUrlG sowie für den Schwerbehindertenzusatzurlaub von 5 Arbeitstagen nach § 125 Abs. 1 SGB IX.
Dagegen kann Mehrurlaub, der dem Arbeitnehmer tariflich oder einzelvertraglich über dem Mindesturlaub hinaus zusteht, wie bisher verfallen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeits- oder Tarifvertrag erkennbar zwischen dem Mindest- und Mehrurlaub unterscheidet.
Eine entsprechende Unterscheidung findet sich seit dem 01. Juli 2013 in § 1 Abs. 5 Satz 5 und 6 der Anlage 14.
Zum Zwecke einer einrichtungsweit einheitlichen Handhabung bietet sich an, Richtlinien zum Urlaubsplan und zur Urlaubsregelung festzulegen. Ein entsprechendes Antragsrecht kommt der MAV gem. § 37 Abs. 1 Ziff. 2 MAVO zu.
Dr. Thorsten Engel, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2014/21.