Immer häufiger stellt sich die Frage, ob der Dienstgeber berechtigt ist, einen Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen als demjenigen, der derzeit inne gehalten wird, insbesondere, wenn dieser außerhalb des „Hauses“ liegt, in welchem der Mitarbeiter tätig ist.
Anknüpfungspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst das sogenannte Direktionsrecht des Dienstgebers. Eine Konkretisierung enthält § 9 der AVR. Dort finden sich zunächst Definitionen der Begriffe „Versetzung“, „Abordnung“ und „Umsetzung“.
Unter einer „Umsetzung“ ist gem. § 9 Abs. 4 AVR die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes in derselben Einrichtung zu verstehen. Sie unterliegt dem vollen Direktionsrecht des Dienstgebers und löst (lediglich) eine Informationspflicht der Mitarbeitervertretung gem. § 27 Abs. 2 MAVO aus.
Eine „Versetzung“ besteht in der Zuweisung einer dauernden Tätigkeit bei einer anderen Einrichtung desselben Dienstgebers im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 AVR bedarf eine Versetzung in eine andere Einrichtung der Zustimmung des Mitarbeiters, wenn die Einrichtung in einer anderen politischen Gemeinde liegt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Zustimmung des Mitarbeiters nicht erforderlich ist, weil keine „Zuweisung eines anderen dienstlichen Wohnsitzes“ erfolgt, wenn die andere Einrichtung in derselben politischen Gemeinde liegt.
Eine Versetzung löst die Mitbestimmung gem. § 33 i.V.m. § 35 Abs. 1 Ziffern 4 u. 5 MAVO aus; bei der Mitarbeitervertretung der aufnehmenden Einrichtung die Mitbestimmung gem. § 33 i.V.m. § 34 MAVO.
Eine Abordnung liegt vor, wenn dem Mitarbeiter eine vorübergehende Tätigkeit bis zur Dauer von höchstens sechs Monaten in einer anderen Einrichtung desselben Dienstgebers im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses zugewiesen wird. Eine Abordnung lässt die Mitbestimmung gem. § 33 i.V.m. § 35 Abs. 1 Ziff. 5 MAVO aus; bei der aufnehmenden Mitarbeitervertretung die Mitbestimmung gem. § 33 i.V.m. § 34 MAVO.
Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Versetzung und Abordnung sind einzuhalten:
Der Dienstgeber kann ein Mitarbeiter nach pflichtgemäßen Ermessen aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen im Rahmen der vertraglich vorgesehenen Tätigkeit unter Wahrung des Besitzstandes in eine andere Einrichtung nach Anhörung versetzen oder abordnen.
Die Frage, die sich nun anschließt, ist diejenige, ob eine Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem anderen „Haus“ unter eine der vorgenannten Alternativen zu fassen ist.
Dienstgeber (= Arbeitgeber) ist die Prosper-Hospital gGmbH. Sie betreibt als einzige Einrichtung das Prosper-Hospital. Das St. Elisabeth-Hospital als anderes „Haus“ ist keine Einrichtung der Prosper-Hospital gGmbH, sondern eine Einrichtung der St. Elisabeth-Hospital Herten gGmbH. Mithin handelt es sich bei der St. Elisabeth-Hospital gGmbH um einen anderen Dienstgeber (= Arbeitgeber).
Wird ein Mitarbeiter der Prosper-Hospital gGmbH bei der St. Elisabeth-Hospital Herten gGmbH eingesetzt, handelt es sich hierbei um sogenannte Arbeitnehmerüberlassung. Eine solche Arbeitnehmerüberlassung ist jedoch nicht erlaubnispflichtig im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), da insoweit die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG greifen dürfte. Danach besteht keine Erlaubnispflicht, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Etwas anderes gilt also nur, wenn der Mitarbeiter mit dem Zweck eingestellt wird, verliehen zu werden.
Vor diesem Hintergrund stehen einer derartigen Ausleihe keine Hinderungsgründe entgegen. Jedoch lässt sich die Tätigkeit in einer Einrichtung eines anderen Dienstgebers nicht unter die Begriffe Umsetzung, Versetzung oder Abordnung subsumieren, so dass ein entsprechender Einsatz nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Mitarbeiters erfolgen kann. Ist der Mitarbeiter einverstanden, sollten die Rechte und Pflichten der Beteiligten Dienstgeber und des Mitarbeiters schriftlich festgelegt werden.
Eine einseitige diesbezügliche Weisungsmöglichkeit zu Gunsten des Dienstgebers besteht hingegen nicht.
Dr. Thorsten Engel, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung MAZ des Prosper-Hospitals Recklinghausen 2017/34.